Mer hahn en neue Oberkeet

BWV 212 // Cantate burlesque (Bauernkantate)

für Sopran und Bass, Traversflöte, Corno, Streicher und Basso continuo

Bachs «Cantate en burlesque» entstand 1742 anlässlich der Erbhuldigung des neuen Gutsherrn Carl Heinrich von Dieskau im damals noch ausserhalb Leipzigs gelegenen Rittergut Klein-Zschocher. Für dieses teils im sächsischen Dialekt gehaltene Auftragswerk der Dorfgemeinde und seines Dichterfreundes Picander komponierte Bach eine bei aller Kunst äusserst kurzweilige und eingängige Musik, deren Reiz ebenso wie der des Textes wesentlich auf dem Gegensatz von derb-rustikaler Herzlichkeit und verfeinerter städtischer Lebensart beruht. Die von Sopran und Bass gesungenen Protagonisten kabbeln und scherzen sich durch eine drollige Handlung, die nach Art einer Theaterparodie das «Making of» der Obrigkeitsschmeichelei augenzwinkernd selbst zum Thema macht.

J.S. Bach-Stiftung Kantate BWV 212

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Akteure

Solisten

Sopran
Sibylla Rubens

Bass
Dominik Wörner

Orchester

Leitung
Rudolf Lutz

Violine
Renate Steinmann, Monika Baer

Viola
Susanna Hefti

Violoncello
Martin Zeller

Violone
Markus Bernhard

Corno
Olivier Picon

Traversflöte
Tomoko Mukoyama

Fagott
Susann Landert

Laute & Gitarre
Julian Behr

Musikal. Leitung & Dirigent

Rudolf Lutz

Werkeinführung

Mitwirkende
Rudolf Lutz, Olivier Picon und Noldi Alder

Reflexion

Referent
Noldi Alder

Aufnahme & Bearbeitung

Aufnahmedatum
29.06.2018

Aufnahmeort
Chäserrugg

Tonmeister
Stefan Ritzenthaler, Nikolaus Matthes

Regie
Meinrad Keel

Produktionsleitung
Johannes Widmer

Produktion
GALLUS MEDIA AG, Schweiz

Produzentin
J.S. Bach-Stiftung, St. Gallen, Schweiz

Zum Werk

Textdichter

Textdichter
Christian Friedrich Henrici (Picander)

Erste Aufführung
30. August 1742, Klein-Zschocher nahe Leipzig

Vertiefte Auseinandersetzung mit dem Werk

Bachs Cantate burlesque «Mer hahn en neue Oberkeet» BWV 212 wurde zum 30. August 1742 komponiert und ist seine späteste belegte Kantatenkomposition überhaupt. Geschrieben wurde sie für eine Erbhuldigung, die Carl-Heinrich von Dieskau als neuer Grundherr des damals noch ausserhalb von Leipzig gelegenen Dorfes Kleinzschocher entgegennahm. Dieskau war als kurfürstlicher Kammerherr und Maître de plaisir am Dresdner Hof eine einflussreiche Persönlichkeit; auch wenn die in der Kantate teilweise verwendete Mundart diese Konstellation verschleiert, waren es womöglich nicht die Grossbauern des Ortes, sondern der Dichter Picander selbst, der die später im Zug seiner «Ernst-Scherzhafften und Satyrischen Gedichte» (Band V, Leipzig 1751) gedruckte Huldigungsmusik in Auftrag gab. War er doch als Steuerbeamter dem auch dafür verantwortlichen Kreishauptmann Dieskau unterstellt, was nicht nur die fiskalischen Fachtermini, sondern auch den persönlichen Ton des Librettos verständlich macht.

Die für Violine, Bratsche und Continuo gesetzte instrumentale Einleitung beschwört die derbe Einfachheit bäuerlicher Schenkenmusik, erweist sich mit ihrer siebenteiligen Folge bisher erst ansatzweise entschlüsselter Zitate aber doch als kunstvoll komponiertes Quodlibet in der Tradition der Programmsonaten eines Farina und Biber. Sie setzt den Ton für eine abwechslungsreiche Folge kurzer Singauftritte, die in den Dialog der Bäuerin Mieke mit ihrem namenlosen Liebsten immer wieder ortsbezogene Anspielungen einwebt.

In einer ersten Szene werden Anlass und Hintergrund erklärt sowie die Protagonisten vorgestellt. Das Eingangsduett mit seiner syllabischen Deklamation preist den spendablen Gutsherrn, verspottet den sittenstrengen Pfarrer und fordert die Spielleute zum «flinken» Musizieren auf, bevor in einer buffonesken Nummer die scheinbar tugendhafte Mieke sich den Anzüglichkeiten ihres Begleiters entzieht, indem sie auf das wachsame Auge des anwesenden Kammerherrn verweist. Doch scheint dieser ein noch ärgerer Schwerenöter zu sein, was das Klischee des galanten Edelmannes befestigt und Mieke zu einer polonaisenartigen Ariette motiviert, die von den Freuden der Liebe schwärmt.

Ein zweiter Auftritt verhandelt Probleme der dörflichen Ökonomie und Herrschaftspraxis. Die im Rezitativ Nr. 5 kritisierte Härte des vor Ort verantwortlichen «Schössers» erscheint als Variante des klassischen Topos vom gütigen Herrn und tyrannischen Ratgeber, könnte aus dem Munde seines Kollegen Picander aber ein für die Ohren Dieskaus bestimmtes Lob gewesen sein, insofern mit einem jüngst geahndeten Fischfrevel entschlossen auf die Verletzung gutsherrlicher Rechte reagiert wurde. Die Folgearie bittet daher mit ironischem Aplomb um eine schonendere Behandlung der Bauern; die kanonischen Anklänge verweisen dabei auf die nominelle Strenge des allerdings subjektiv auslegbaren Gesetzes, was dem Gegensatz von rustikalem Auftritt und fein ausgesponnener Musik hintersinnigen Witz verleiht.

Der mit dem Rezitativ Nr. 7 beginnende dritte Abschnitt kombiniert schmeichlerisches Herrscherlob und versteckte Mahnungen, die die Grenzen der bäuerlichen Geduld andeuten. Miekes Aussage, dass «unser Herr der beste» und mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen sei, wird in einer Arie («Unser trefflicher lieber Kammerherr») ausgesponnen, die als Variationsfolge über den bekannten Folia-Bass ausgearbeitet ist und auch aufgrund der h-Moll-Tonalität zwischen Pathos und Elegie changiert. Dass die Benutzung dieser «Folies d‘espagne» auf das Faktum Bezug nimmt, dass einer der Vorfahren Dieskaus im Türkenkrieg des 16. Jahrhunderts im Dienste der spanisch-katholischen Majestäten Karl und Ferdinand Heldentaten vollbrachte, lässt sich angesichts eines so ahnenbewussten Geschlechts nicht ausschliessen, wirkt aber – der naiven Mieke in den Mund gelegt – fremdartig burlesk.

Das Bassrezitativ Nr. 9 führt die gräflichen Wohltaten im Detail aus – der Kammerherr ist nicht nur honett, sondern schützte das Dorf auch bei der jüngsten Rekrutierung und hoffentlich auch bei der nächsten Steuerveranlagung. Dafür hat Bach eine chaconnenartige Arie konzipiert, die sich mit Dieskaus Raffinesse identifiziert («das ist galant»), jedoch auch Seitenhiebe auf die neidischen Nachbardörfer Knauthain und Cospuden austeilt. Nach der augenzwinkernden Darstellung legaler Steuertricks im Umgang mit falsch deklariertem Ödland («caduke Schocken») wird die Gräfin als freundlich-bescheidene Partnerin der Dorfgemeinschaft angeredet. Glaubhaft ist das kaum, doch erhoffte man sich gewiss von ihr einen sparwilligen Einfluss auf den noblen Gatten, wobei das «arm und grobe Holz» der bäuerlichen Petenten durch erniedrigte Intervalle ausgedrückt wird. Die wie ein Bärentanz anmutende Bassarie Nr. 12 fasst diese Zielstellung zusammen: Eine einmalige Huldigungsfeier darf gern 50 Taler kosten – künftig aber erwarten wir Masshalten, um das verschmauste Geld wieder hereinzuholen!

Nach diesem schelmischen Regentenspiegel tragen beide Protagonisten in einer vierten Szene den Gegensatz von Stadt und Land miteinander aus. Zunächst möchte Mieke zeigen, dass auch sie die verfeinerte Leipziger Lebensart beherrscht. Bach schreibt ihr dafür eine Arie auf den Leib, die im fliessenden Menuettduktus und dank der eleganten Flötentöne sowie delikater Pizzikato-Wiederholungen allerhand Noblesse verströmt – allein die verunglückte Metapher «Kleinzschocher müsse so zart und süsse wie lauter Mandelkerne sein» demonstriert, dass es sich dabei um einen nur angemassten Edelmut handelt. Bach hat für diese Musik offenbar auf die Arie «Ich will ihn hegen, ich will ihn pflegen» aus der nur textlich erhaltenen Huldigungskantate «Es lebe der König, der Vater im Lande» von 1732 zurückgegriffen. Dass diese Orientierung nach oben wirkt, muss auch der Bass einräumen, der Mieke zunächst abkanzelt («das ist zu klug vor dich») und sie auf ihr angestammtes Idiom zurückweist («wir Bauern singen nicht so leise»). Sein eigener Auftritt mit dem hornbegleiteten Gassenhauer «Es nehme zehntausend Dukaten der Kammerherr allezeit ein» fällt jedoch derart plump aus, dass Mieke ihn angesichts der versammelten feinen Leute regelrecht vorführt («das klingt zu liederlich»). Sie selbst wendet nun einen noch heute in der Boulevardpresse beliebten Kunstgriff an, indem sie distanzierend ankündigt, etwas allzu Peinliches nicht zu singen, was sie dann aber doch anstimmt – es ist das Liedchen «Gib Schöne viel Söhne», das überdies den adligen Tugenddiskurs aufgreift, indem es der Herrin einen baldigen Erben anempfiehlt («dies wünschen sich Zschocher und Knauthain fein bald»). Dies bringt nun auch den Bass dazu, etwas «Städtisches» zu singen. Dafür zog Bach die Arie «Zu Tanze, zu Sprunge» aus der moralischen Kantate «Der Streit zwischen Phöbus und Pan» BWV 201 heran, was begleitet von einer Solovioline musikalischen Glanz entfaltet, in den aufgesetzt wirkenden Koloraturen jedoch erhebliches Ironiepotential freisetzt. Ob mit der intrikaten Kontrapunktik und den etwas trockenen Schmeicheleien des Mittelteils auf die eigene adlige Herkunft der bereits einmal verwitweten Gräfin oder doch auf Dieskaus Verdienste angespielt wird, lässt sich im Nachhinein kaum auflösen.

Mit dem letzten Szenenwechsel soll es nun rasch in die wartende Schenke des Dorfes, den gerade erst renovierten «Grauen Wolf», gehen. Mieke lädt mit den Worten «Und daß ihrs alle wißt, es ist nunmehr die Frist zu trinken» zu ersten Bestellungen per Handzeichen ein, und das letzte Rezitativ Nr. 23 bittet dann im Sinne eines Lieto fine mit dem Notar Herrn Ludwig und dem Steuerreviser Picander sogar die notorischen Piesacker der Bauern mit zu Tisch – eine feuchtfröhliche Versöhnung im Angesicht der Herrschaft, von der diese über die Tranksteuer noch profitiert haben dürfte. Der derb auftrumpfende Rundgesang des Schlussduetts schlägt dann die Brücke zum Beginn, weil mit dem emblematischen «Tudelsack» nun die echten Dorfspielleute übernehmen, wobei Rudolf Lutz dem unvollkommenen Tutti noch eine muntere Hornstimme hinzugefügt hat.

Text des Werks und musikalisch-theologische Anmerkungen

Die Komposition entstand anlässlich der Erbhuldigung der nahe Leipzig gelegenen Dorfgemeinde Klein-Zschocher für den neuen Grundherrn Carl-Heinrich von Dieskau am 30. August 1742, der zugleich Dieskaus Geburtstag war. Damit ist sie Bachs gegenwärtig späteste datierbare Kantate; das von Christian Friedrich Henrici (Picander) gedichtete Libretto wurde 1751 in leicht abgewandelter Form im V. Teil von dessen «Ernst-Scherzhaften und Satyrischen Gedichten» gedruckt.

Die einfach gehaltene und anfangs in regionaler Mundart («Dahlen» = Liebkosen; «Guschel» = Mund) formulierte Handlung ist als Dialog zweier verliebter Landleute angelegt, die sich neckisch miteinander unterhalten und schliesslich zu Schmaus und Tanz in der Dorfbeiz einladen. Unter der bäuerlichen Idylle verbergen sich jedoch etliche Themen, die teils zum Vergnügen des Publikums ausgesprochen, teils auch nur hintergründig angedeutet werden.

So finden die Anspielungen auf das Steuerwesen ihren Grund in der Funktion des Gutsherrn Dieskau als kursächsischer Kreishauptmann sowie des Dichters Picander selbst, der seit 1740 als «Kreyß-Land-Steuer- auch Stadt-Tranck-Steuer»-Einnehmer und «WeinInspector» tätig war und damit Dieskau gewissermassen unterstand. Zugleich verleiht das Libretto Anliegen der Dorfgemeinde Ausdruck, die von der Linderung der Abgabenlast und der Verschonung von Zwangsrekrutierung («Werbung») über die Kritik an einer moralisierenden Kirchenzucht bis zur Nachsicht bei notbedingten Verfehlungen (Fischdiebstahl in Satz 5?) sowie der lustvoll zelebrierten Konkurrenz mit den Nachbarorten Cospuden und Knauthain reichen. In typischer Weise wird dabei zwischen dem gütigen Herrn und seinen lästigen Beamten wie dem als teuflischem «Schwefelsmann» beschriebenen Schösser unterschieden, wobei offene Kritik vermieden und in schmeichlerischem Duktus das Idealbild eines freigebigen Hausvaters samt seiner von jedem Standesdünkel freien Gemahlin entworfen wird. Angesprochen wird auch der Wunsch nach einem männlichen Erben (Satz 18); zudem thematisiert das Libretto in liebevoll-selbstbewusster Weise den Gegensatz zwischen rustikaler Dorfkultur und verfeinerter höfischer Lebensart. Dass sich am Ende durch den Mund der Landleute sowohl der gräfliche Notar Gottlieb Christoph «Ludwig» als auch der Dichter und «Steuer-Reviser» Picander mit zum Umtrunk einladen, darf man als augenzwinkerndes Versöhnungsangebot des obrigkeitlichen Fiskalstaats an die Dorfgemeinde verstehen.

1. [ ohne Satzbezeichnung ]

2. Arie (Duett)

Mer hahn en neue Oberkeet
an unsern Kammerherrn.
Ha gibt uns Bier, das steigt ins Heet,
das ist der klare Kern.
Der Pfarr‘ mag immer büse tun;
ihr Speelleut, halt euch flink!
Der Kittel wackelt Mieken schun,
das klene luse Ding.

3. Rezitativ

Bass
Nu, Mieke, gib dein Guschel immer her;
Sopran
Wenn‘s das alleine wär!
Ich kenn dich schon, du Bärenhäuter,
du willst hernach nur immer weiter.
Der neue Herr hat ein sehr scharf Gesicht.
Bass
Ach! unser Herr schilt nicht;
er weiß so gut als wir, und auch wohl besser,
wie schön ein bißchen Dahlen schmeckt.

4. Arie

Ach, es schmeckt doch gar zu gut,
wenn ein Paar recht freundlich tut;
ei, da braust es in dem Ranzen,
als wenn eitel Flöh und Wanzen
und ein tolles Wespenheer
miteinander zänkisch wär.

5. Rezitativ

Der Herr ist gut: Allein der Schösser,
das ist ein Schwefelsmann,
der wie ein Blitz ein neu Schock strafen kann,
wenn man den Finger kaum ins kalte Wasser
steckt.

6. Alt

Ach, Herr Schösser, geht nicht gar zu schlimm
mit uns armen Bauersleuten üm!
Schont nur unsrer Haut;
freßt ihr gleich das Kraut
wie die Raupen bis zum kahlen Strunk,
habt nur genung!

7. Rezitativ

Es bleibt dabei,
daß unser Herr der beste sei.
Er ist nicht besser abzumalen
und auch mit keinem Hopfensack voll Batzen
zu bezahlen.

8. Arie

Unser trefflicher,
lieber Kammerherr
ist ein kumpabler Mann,
den niemand tadeln kann.

9. Rezitativ

Bass
Er hilft uns allen, alt und jung.
Und dir ins Ohr gesprochen:
Ist unser Dorf nicht gut genung
letzt bei der Werbung durchgekrochen?
Sopran
Ich weiß wohl noch ein besser Spiel,
der Herr gilt bei der Steuer viel.

10. Arie

Das ist galant,
es spricht niemand
von den caducken Schocken.
Niemand redt ein stummes Wort,
Knauthain und Cospuden dort
hat selber Werg am Rocken.

11. Rezitativ

Und unsre gnädge Frau
ist nicht ein prinkel stolz.
Und ist gleich unsereins ein arm
und grobes Holz,
so redt sie doch mit uns daher,
als wenn sie unsersgleichen wär.
Sie ist recht fromm, recht wirtlich und genau
und machte unserm gnädgen Herrn
aus einer Fledermaus viel Taler gern.

12. Arie

Fünfzig Taler bares Geld
trockner Weise zu verschmausen,
ist ein Ding, das harte fällt,
wenn sie uns die Haare zausen,
doch was fort ist, bleibt wohl fort,
kann man doch am andern Ort
alles doppelt wieder sparen;
laßt die fünfzig Taler fahren!

13. Rezitativ

Im Ernst ein Wort!
Noch eh ich dort
an unsre Schenke
und an den Tanz gedenke,
so sollst du erst der Obrigkeit zu Ehren
ein neues Liedchen von mir hören.

14. Arie

Klein-Zschocher müsse
so zart und süße
wie lauter Mandelkerne sein.
In unsere Gemeine
zieh heute ganz alleine
der Überfluß des Segens ein.

15. Rezitativ

Das ist zu klug vor dich
und nach der Städter Weise;
wir Bauern singen nicht so leise.
Das Stückchen, höre nur, das schicket
sich vor mich!

16. Arie

Es nehme zehntausend Dukaten
der Kammerherr alle Tag ein!
Er trink ein gutes Gläschen Wein,
und lass es ihm bekommen sein!

17. Rezitativ

Das klingt zu liederlich.
Es sind so hübsche Leute da,
die würden ja
von Herzen drüber lachen;
nicht anders, als wenn ich
die alte Weise wollte machen:

18. Arie

Gib, Schöne,
viel Söhne
von artger Gestalt,
und zieh sie fein alt;
das wünschet sich Zschocher und Knauthain
fein bald!

19. Rezitativ

Du hast wohl recht.
Das Stückchen klingt zu schlecht;
ich muss mich also zwingen,
was Städtisches zu singen.

20. Arie

Dein Wachstum sei feste und lache vor Lust!
Deines Herzens Trefflichkeit
hat dir selbst das Feld bereit‘,
auf dem du blühen musst.

21. Rezitativ

Sopran
Und damit sei es auch genung.
Bass
Nun müssen wir wohl einen Sprung
in unsrer Schenke wagen.
Sopran
Das heißt, du willst nur das noch sagen:

22. Arie

Und dass ihr‘s alle wißt,
es ist nunmehr die Frist
zu trinken.
Wer durstig ist, mag winken.
Versagt‘s die rechte Hand,
so dreht euch unverwandt
zur Linken!

23. Rezitativ

Bass
Mein Schatz! erraten!
Sopran
Und weil wir nun
dahier nichts mehr zu tun,
so wollen wir auch Schritt vor Schritt
in unsre alte Schenke waten.
Bass
Ei! hol mich der und dieser,
Herr Ludwig und der Steur-Reviser
muß heute mit.

24. Chor

Wir gehn nun, wo der Tudelsack
in unsrer Schenke brummt.
Und rufen dabei fröhlich aus:
Es lebe Dieskau und sein Haus,
ihm sei beschert,
was er begehrt,
und was er sich selbst wünschen mag!

Quellenangaben

Alle Kantatentexte stammen aus «Neue Bach-Ausgabe. Johann Sebastian Bach. Neue Ausgabe sämtlicher Werke», herausgegeben vom Johann-Sebastian-Bach-Institut Göttingen und vom Bach-Archiv Leipzig, Serie I (Kantaten), Bd. 1–41, Kassel und Leipzig, 1954–2000.
Alle einführenden Texte zu den Werken, die Texte «Vertiefte Auseinandersetzung mit dem Werk» sowie die «musikalisch-theologische Anmerkungen» wurden von Anselm Hartinger und Pfr. Niklaus Peter sowie Pfr. Karl Graf verfasst unter Bezug auf die Referenzwerke: Hans-Joachim Schulze, «Die Bach-Kantaten. Einführungen zu sämtlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs», Leipzig, 2. Aufl. 2007; Alfred Dürr, «Johann Sebastian Bach. Die Kantaten», Kassel, 9. Aufl. 2009, und Martin Petzoldt, «Bach-Kommentar. Die geistlichen Kantaten», Stuttgart, Bd. 1, 2. Aufl. 2005 und Bd. 2, 1. Aufl. 2007.

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