Warum betrübst du dich, mein Herz
BWV 138 // For the Fifteenth Sunday after Trinity
(Why are you troubled, my heart?) for soprano, alto, tenor and bass, vocal ensemble, oboe d’amore I+II, strings and continuo
Das Werk im Kirchenjahr
Perikopen zum Sonntag
Perikopen spiegeln die biblischen Lesungen des jeweiligen Kirchensonntags wider, für den J. S. Bach komponierte. Weitere Infos zu Perikopen
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Strasse um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
So wir im Geist leben, so lasset uns auch im Geist wandeln. Lasset uns nicht eitler Ehre geizig sein, einander zu entrüsten und zu hassen. Liebe Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehler übereilt würde, so helfet ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist ihr, die ihr geistlich seid; und siehe auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. So aber sich jemand lässt dünken, er sei etwas, so er – s i t a t i n i r T e g a t n n o s * Von Bach als «in ogni tempo», also zu jeder Zeit, verwendbar bezeichnet 173 doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Ein jeglicher aber prüfe sein eigen Werk; und alsdann wird er an sich selber Ruhm haben und nicht an einem andern. Denn ein jeglicher wird seine Last tragen. Der aber unterrichtet wird mit dem Wort, der teile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Als wir nun denn Zeit haben, so lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.
Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder wird er den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn die Speise? Und der Leib mehr denn die Kleidung? Sehet die Vögel unter dem Himmel: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? Wer ist aber unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorget? Und warum sorget ihr für die Kleidung? Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller 174 seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie derselben eins. So denn Gott das Gras auf dem Felde also kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr euch tun, o ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allem trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiss, dass ihr des alles bedürfet. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen. Darum sorget nicht für den andern Morgen; denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe. – s i t a t i n i r T e g a t n n o s 175
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Workshop
Reflective lecture
Choir
Soprano
Susanne Frei, Leonie Gloor, Noëmi Sohn, Mirjam Berli
Alto
Antonia Frey, Jan Börner, Simon Savoy, Olivia Heiniger
Tenor
Marcel Fässler, Manuel Gerber, Clemens Flämig
Bass
Michael Blume, Fabrice Hayoz, William Wood
Orchestra
Conductor
Rudolf Lutz
Violin
Renate Steinmann, Plamena Nikitassova, Monika Baer, Christine Baumann, Christoph Rudolf, Ildiko Sajgo
Viola
Susanna Hefti, Martina Bischof
Violoncello
Maya Amrein
Violone
Iris Finkbeiner
Oboe d’amore
Luise Baumgartl, Thomas Meraner
Bassoon
Susann Landert
Theorbo
Juan Sebastian Lima
Organ
Norbert Zeilberger
Musical director & conductor
Rudolf Lutz
Workshop
Participants
Karl Graf, Rudolf Lutz
Reflective lecture
Speaker
Christoph Wolff
Recording & editing
Recording date
09/10/2010
Recording location
Speicher AR, Switzerland
Sound engineer
Stefan Ritzenthaler
Director
Meinrad Keel
Production manager
Johannes Widmer
Production
GALLUS MEDIA AG, Switzerland
Producer
J.S. Bach Foundation of St. Gallen, Switzerland
Librettist
Text
Poet unknown
First performance
Fifteenth Sunday after Trinity,
5 September 1723
In-depth analysis
Although cantata BWV 138 likewise stems from Bach’s first Leipzig cantata cycle, it is significantly more modern in style than BWV 89, which at least idiomatically belongs to his Weimar period. Indeed, BWV 138, with its cantus firmus foundation, varied interaction between choral hymn singing and free soloistic commentary, and convincing orchestral interpretation of the Reformation song seems much like a preview of the chorale cantata cycle of 1724/25.
The orchestral prelude, scored for an elegiac string group and warmly singing oboes d’amore, lends the introductory chorus an equally ethereal and tragic undertone that, beyond the alternating vocal soli and tutti lines, makes effective use of the archaic hymn melody composed by an unknown Nuremberg Meistersinger. In the nigh static phrases and poignant lament of the collective ensemble, a sense of despair verging on a death wish takes shape that renders the later shift to wholesome trust in God all the more effective.
The following recitative con coro continues this gesture of self-recrimination in heartrending metaphors, which allows the hymn lines, presented in a simple cantional setting with echoing oboe figures, to appear like comfort emerging from afar. The repeat of the last two verse lines in imitative motet style (“dein Vater und dein Herre Gott” – Thy Father and the Lord thy God) contradicts the logic of the verse structure and seems a conscious decision to set the chorale with a Romantic aesthetic and interpretation “avant la lettre”.
Accordingly, the tension between lament and confidence gives way in the following tenor recitative to a spirit of self-encouragement that stuffs all worries “unters Kissen” (under the pillow), thus enabling the ensuing minuet bass aria to freely sing God’s praises. Although the couplets in this rondo setting still refer to “Sorgen”, “Armut” and “Leid” (apprehension, want and sadness), the last word is reserved for the increasingly hymnlike presentation of the motto “Auf Gott steht meine Zuversicht, mein Glaube lässt ihn walten” (With God stands all my confidence, my faith shall let him govern).
A short alto recitative then lauds this hardwon peace of mind as a foretaste of the afterlife ere the closing chorale proves Bach to be a sensitive reformer of church-music tradition. As in cantata BWV 22, which he wrote for Estomihi in 1723 as part of his job application in Leipzig, Bach eschews a simple chorale setting and instead embeds the return to the opening hymn in a spirited orchestral setting that brings the elegiac singing and sharp B-minor tonality to full musical blossom. The way the oboe phrases and shimmering running string passages inspire each other and drive the music forward is of rare beauty and transforms the archaic hymn from 1561 into a song of gripping currency and relevance.
Libretto
1. Choral und Rezitativ (Alt)
Warum betrübst du dich, mein Herz?
bekümmerst dich und trägest Schmerz
nur um das zeitliche Gut?
Ach! ich bin arm,
mich drücken schwere Sorgen.
Vom Abend bis zum Morgen
währt meine liebe Not.
Daß Gott erbarm!
Wer wird mich noch erlösen
vom Leibe dieser bösen
und argen Welt?
Wie elend ists um mich bestellt!
Ach! wär ich doch nur tot!
Vertrau du deinem Herren Gott,
der alle Ding erschaffen hat.
2. Rezitativ (Bass)
Ich bin veracht’,
der Herr hat mich zum Leiden
am Tage seines Zorns gemacht;
der Vorrat, hauszuhalten,
ist ziemlich klein;
man schenkt mir vor den Wein der Freuden
den bittern Kelch der Tränen ein.
Wie kann ich nun mein Amt mit Ruh verwalten,
wenn Seufzer meine Speise und Tränen
das Getränke sein?
3. Choral und Rezitativ (Sopran, Alt)
Er kann und will dich lassen nicht,
Er weiß gar wohl, was dir gebricht,
Himmel und Erd ist sein!
Sopran
Ach, wie?
Gott sorget freilich vor das Vieh,
er gibt den Vögeln seine Speise,
er sättiget die jungen Raben,
nur ich, ich weiß nicht, auf was Weise
ich armes Kind
mein bißchen Brot soll haben,
wo ist jemand, der sich zu meiner Rettung findt?
Dein Vater und dein Herre Gott,
der dir beisteht in aller Not.
Alt
der dir beisteht in aller Not.
Ich bin verlassen,
es scheint,
als wollte mich auch Gott bei meiner Armut hassen,
da er’s doch immer gut mit mir gemeint.
Ach Sorgen,
ach werdet ihr denn alle Morgen
und alle Tage wieder neu?
So klag ich immerfort:
Ach! Armut! hartes Wort,
wer steht mir denn in meinem Kummer bei?
Dein Vater und dein Herre Gott,
der steht dir bei in aller Not.
4. Rezitativ (Tenor)
Ach süßer Trost! Wenn Gott mich nicht verlassen
und nicht versäumen will,
so kann ich in der Still
und in Geduld mich fassen.
Die Welt mag immerhin mich hassen,
so werf ich meine Sorgen
mit Freuden auf den Herrn,
und hilft er heute nicht, so hilft er mir doch morgen.
Nun leg ich herzlich gern
die Sorgen unters Kissen
und mag nichts mehr als dies zu meinem Troste wissen:
5. Arie (Bass)
Auf Gott steht meine Zuversicht,
mein Glaube läßt ihn walten.
Nun kann mich keine Sorge nagen,
nun kann mich auch kein Armut plagen.
Auf Gott steht meine Zuversicht!
Auch mitten in dem größten Leide
bleibt er mein Vater, meine Freude,
er will mich wunderlich erhalten.
6. Rezitativ (Alt)
Ei nun!
so will ich auch recht sanfte ruhn.
Euch, Sorgen! sei der Scheidebrief gegeben.
Nun kann ich wie im Himmel leben.
7. Choral
Weil du mein Gott und Vater bist,
dein Kind wirst du verlassen nicht,
du väterliches Herz!
Ich bin ein armer Erdenkloß,
auf Erden weiß ich keinen Trost.

